von Virginija Lickunaite
„Buy this! It´s from your country!“, hörte ich, als ich in Takoradi in Ghana am Marktplatz vorbeischlenderte. Eine an den Schultern und Händen mit Second-Hand-Klamotten behängte Frau riss mich aus meinen Gedanken. Wiederholt wurden mir die negativen Auswirkungen eines weißen Helfersyndroms vor Augen geführt. Ich stammelte nur ein verlegenes „No, thanks“.
Nach Ghana war ich mit besten Intentionen und einem naiven Glauben an den Sinn der entwicklungspolitischen Freiwilligenarbeit gekommen. Nach wenigen Tagen brach ich meinen angeblichen Einsatz für Gerechtigkeit ab und begann zu hinterfragen: Was geht hier eigentlich vor sich?
Freiwillige, teilweise gerade erst das Abitur in der Tasche, halten Vorträge vor der lokalen Bevölkerung über Menschen- sowie Kinderrechte und klären sie über die Vorteile der Bildung für ihre Kinder auf. Freiwillige aus Deutschland, Dänemark oder den Niederlanden unterrichten Englisch, ohne Muttersprachler*innen zu sein oder jegliche pädagogische Qualifizierung zu haben. Freiwillige, die einmal um den Globus fliegen und tonnenweise CO2 ausstoßen, um sich für die Umwelt zu engagieren. Freiwillige, die, um mit Kindern ein paar Wochen zu spielen, tausende Euros ausgeben, mit denen wahrscheinlich einige Klassenzimmer finanziert werden könnten.
Dass der umgekehrte Fall in Europa keineswegs möglich wäre, verdeutlicht die Problematik mit dem Überlegenheitsdenken der Weißen. Würde beispielsweise jemand in Deutschland seine Kinder von einer Person unterrichten lassen, die dafür keinerlei Qualifizierung besitzt? Nein. Nicht mal jeder ausländische Schulabschluss wird in Deutschland anerkannt. Warum sollte das also in einem afrikanischen Land akzeptabel sein? Vermutlich würden sogar alle Versuche, jungen Leuten aus dem globalen Süden ein Praktikum in Deutschland zu ermöglichen, aufgrund der Visa-Bestimmungen oder aus finanziellen Gründen scheitern. Continue reading